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Dienstag, 10. September 2013

Einmal Moskau - (M)Ein Stadtabenteuer III

Diese Reihe beschreibt meine Eindrücke von meiner Reise nach Moskau. Ich gebe dabei meine fast unmittelbaren Eindrücke wieder, da ich jederzeit dieses kleine schwarze Heftchen bei mir hatte, in welches ich fast alle meine Beobachtungen und Gedanken reingeschrieben habe. Dieser Text hat danach kaum Anpassungen genossen, damit es trotzdem nicht zu trocken wird, werde ich reichlich Bilder einstreuen. Viel Spass bei Tag 3!

Noch ein paar Worte zur Erklärung: [Dieser Text sind Anmerkungen, die ich erst später während des Nachbearbeitens eingefügt habe] und --- Alles was hier drin stand, waren Gedankenblitze, die nichts bis wenig mit den eigentlichen Geschehen zu tun hatten, sind aber in dem Moment entstanden ---

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Tag 3 : Kreml - WWZ - Park Pobedu

Ich sitze im Zentrum der macht eines ehemaligen Weltreiches. Dem Ort, an dem für einen ganzen Machtblock die Entscheidungen getroffen wurden. Die Wartezeit um an Karten und in den Kreml zu kommen hielt sich wirklich in Grenzen, was aber dem Fakt geschuldet sein dürfte, dass ich schon vor der offiziellen Öffnungszeit hier gewesen bin. Das öffentliche Leben beginnt in Moskau erst um 10! Und es endet zwischen 17 und 18 Uhr! Seltsames Völkchen.

Bisher habe ich so wenig Deutsche wie in keinem anderen Urlaub gesehen/gehört. Viele Japaner, Chinesen und Spanier(!). Im Kontrast zu deutschen Sehenswürdigkeiten viele Einheimische. Ich sollte mal prüfen, ob ich an der Lomonossov ein Auslandstrimester machen kann. Das wäre turbogeil (Grüße @ Nino bei High5).
Noch ist der Platz wie leergefegt....
Der Park mittem im Kreml, in dem ich das
oben stehende geschrieben habe.

Sogar hier im Kreml, DEM Touristenziel schlechthin sträubt man sich gegen Ausschilderung oder Ansprechen in Englisch. Liegt es wirklich noch daran, dass es die Sprache des Erzfeindes ist? [Nach einem Gespräch mit einer gebürtigen Russin aus meinem Französischkurs kann ich jetzt sagen: Ja, daran liegt es hauptsächlich. Als ehemaliges will man keine andere Sprache lernen müssen] Denn so wie ich es jetzt erlebt habe, ist Moskau nur  wenig touristenfreundlich. Bin trotzdem darüber froh, keine Pauschalreise mit Führungen zu Allem gemacht zu haben. Mir gehen die Reisegruppen so schon auf den Geist und ich hätte in einer solchen Gruppe niemals soviel Freiheit um das zu sehen, was ich sehen wollte und gesehen habe. Zumal man wohl kaum noch billiger und freier reisen kann als ich jetzt.

Neues Restaurant, neuer Versuch. Er spricht "a little bit" Englisch, aber mit Zeigen und nem bisschen Russisch geht es gut. Habe heute morgen doch nochmal 100€ getauscht, mit 4300r zusätzlich sollte ich den Rest der Zeit gut hinkommen. Hoffentlich funktioniert mein Metroticket wieder, vorhin bin ich falsch ausgestiegen und da wollte es die Schranke nicht öffnen. Stand irgendwas mit "... 5 Minuten", den Rest konnte ich nicht lesen/verstehen. Wie gesagt, ganz ohne Russischkenntnisse oder persönlichen Stadtführer ist man hier erschossen. Hab vergessen zu erzählen, dass mein Frühstück eine gebackene Kartoffel von Kroschka Kartoschka war. Mit Reibekäse drin und Fleischsalat drauf hat das sehr gut geschmeckt. Weil die Verkäuferin schneller war als ich, durfte ich Kaffee mit Zucker probieren. Meine Meinung dazu: wer SOWAS trinkt, DER frisst auch kleine Kinder, nicht der normale Milchtrinker! Den normalen, schwarzen Kaffee - hier Кофе американо - Kofe Amerikano - kann man allerdings auch kaum trinken, so bitter wie er hier gemacht wird. Dabei bin ich starken Kaffee eigentlich gewohnt.

Und schon wieder ist die Stadreinigung zur Stelle: mit drei kleinen Straßenkehrmaschinen geht es im Formationsflug einmal die Fussgängerzone hoch und wieder runter.

Zum Bild: das Rote ist ein Orange-Erdbeer-Cocktail (auf der Karte war kein einfacher O-Saft). Schmeckt sehr gut, voll fruchtig und knapp an der Grenze zu 'zu Süß'. Der Kaffe ist wie zu erwarten war stark schmeckt fast schon angebrannt. Möglicherweise sind das aber auch die Röstaromen, die meinem Kaffee sonst fehlen. Die Bedienungen flüstern fast, aber das ist okay, dann kann ich das nämlich auch und schon fallen meine Aussprachefehler im Russischen nicht mehr auf. Zum Essen: (ja das wird ein Food-Blogger-Abschnitt!) die Mädchen unter uns sollten weiter unten weiterlesen, denn das Fleisch stammt vom Kaninchen... Ups, nu isses doch raus ... 
Geschmeckt hat die ganze Sache sehr gut, nur leicht gewürzt, um den Geschmack der Zutaten nicht zu überdecken. Das Schälchen in der Mitte der Platte ist übrigens mit nem Kleks Teig festgeklebt gewesen. Vielleicht als Tip für die Hobbyköche im Publikum. [Preis für alles: 1170r, ca 27€]

Die Fussgängerzone am Kreml ist so neu und sauber, sie würde quietschen, wäre sie nicht zur Hälfte noch Baustelle.
Die Russen wissen auf jeden Fall, wie man Menschenmassen lenkt. Ob in der Metro, im Museum oder im Flughafen, es kommt keine Verwirrung darüber auf, wer wo langzugehen hat.

Relief an der linken Seite des Denkmals
Das Denkmal der russischen Raumfahrt
Darunter das Museum
Relief an der rechten Seite des Denkmals

Das Kosmosmuseum unter dem Denkmal für die russische Raumfahrt vor dem WWZ ist nur empfehlenswert. Sollte man gesehen haben, teilweise sogar Beschriftung in Englisch und viel größer als man von draussen annimmt.

Personenkult um J. Gagarin
Eine alte Bekannte aus Peenemünde
Überlebenstraining für Sojus-Besatzungen

Groß, größer, UdSSR. Sieht man im WWZ (dem allrussischen Ausstellungsgelände, welches Stalin hat errichten lassen, mit einem Pavillion für jeden Unionsstaat) sehr gut. Inzwischen ein Vergnügungspark wie aus Beverly Hills Cop oder Zombieland, will man die Besucher offenbar durch geistlose Popmusikbeschallung dazu kriegen den ganzen Kram hier zu kaufen und möglichst wenig zu denken. Hier würde der Satz mit der postmortalen Eigenrotation wieder passen...

Langsam denke ich, dass mein Russisch besser wird: meine Bestellungen werden größtenteils verstanden. Auffallend auch: die Budenbesitzer hier haben eine ganz andere Strategie als ihre Kollegen auf den Polenmärkten bei uns an der Grenze. Die hier wollen offensichtlich nichts verkaufen. Wenn dir der Preis nicht gefällt und du ihn nicht zahlen willst, dann kannst auch auch direkt wieder gehen. Aber hey, für einen Rammsteinpatch, den ich so noch nirgends gesehen habe, kann ich auch 100r bezahlen. Da hat ja der letzte kaffee mehr gekostet! Auch cool: das moleskin ist halb voll!

Die Metro ist wie Sojus: aus Stahl gebaut. Die Einschienenbahn an WWZ und Ostankino (Fernsehturm von Moskau) ist wie Apollo: aus Aluminium, billig, wacklig und nicht robust.

--- Dazu der Hinweis auf das Sojus-Apollo-Programm: hier mussten die Russen ihren Kabinendruck in der Kapsel anpassen, weil die Apollokapsel das nicht ausgehalten hätte. ---


Arbeiter und Kolchosbäuerin
Fernsehturm Ostankino


Offenbar funktioniert meine 200r-Metrokarte nur mit mindestens 5 Minuten Abkühlzeit. Das finde ich zwar seltsam, kann aber damit leben.
Muss unbedingt nochmal Metro 2033 und 2034 lesen, jetzt da ich hier gewesen bin und Ostankino und WDNCh gesehen habe.

Kann es sein, dass Park Pobedu die tiefste Station ist? [Ja, 74m Tiefe ist derzeit Rekord] Hier bin ich doch noch zu meinen Panzern gekommen. Am Siegespark befindet sich eine Ausstellung des "Museum vom grossen patriotischen Krieg", wie der 2. Weltkrieg hier im Allgemeinen heisst. Als hätte man am ersten garnicht teilgenommen.

Metrostation Park Pobedy
(wörtl. 'Siegespark')
ACHTUNG PANZER!

Tja und schon sitze ich im "Old Tower", einem offenbar recht teuren Restaurant am Kreml. Naja, aber man gönnt sich ja sonst nichts, außerdem wenn der Borschtsch hier nicht gut ist, wo dann? Bin sehr gespannt.
[Eine bilderfreie Mahlzeit später]
Scheinbar habe ich hiermit durch Zufall (ich bin einfach so reingegangen, ohne zu wissen, was ich vor mit habe) das Restaurant mit der russischen Küche gefunden, welches ich eigentlich seit Montag suche. Borschtsch, Pelmeni und Kwas, was will ich mehr?
Zumal die Bedienungen alle auf alt getrimmte Leinenklamotten tragen. Kann sogar ohne Reservierung essen und die Empfangsdame spricht ganz gut Englisch (oder überspielt ihr Unverständnis nur glaubhaft).

Das Essen war sehr gut und noch dazu preiswert. Der Borschtsch hat ner gescheiten Soljanka nicht unähnlich geschmeckt, es war aber nur ein riesier Brocken Rindfleisch drin. Sehr reichhaltig, von ner großen Portion kann man sicher gut satt werden. Meine zweite Auswahl waren Pelmeni mit rotem und weissem Fisch. Für mich als Jemanden, der Fisch nur ungern isst, ist das schon was besonderes. Mir ist aber nach Probieren zumute gewesen. Wer schonmal russische Küche genossen hat, wird wissen, dass Pelmeni nichts anderes sind, als unterschiedlich gefüllte Ravioli (Soll mich doch wegen der Bemerkung der Blitz in ner Badewanne voll Champagner treffen!) Haben jedenfalls sehr deutlich nach Fisch geschmeckt, die Farbe ist mir allerdings nicht aufgefallen. Den Geschmack hat die (sehr steife) saure Sahne aber gut überdecken können. Überhaupt scheint saure Sahne eine Allzweckwaffe in der russischen Küche. Gefällt mir sehr! Gibt den Gerichten immer was frisches.

Auf dem Rückweg ins Hotel hab ich noch den kurzen Abstecher in die Kurskaja gemacht, aber die ist meiner Meinung nach nicht so spektakulär, wie einige andere Stationen. Die Komsomolskaja gefällt mir beispielsweise sehr, die ist so groß und offen. Von der Gestaltung her gibt es aber noch enige andere Perlen. An sich habe ich ja nicht viele Stationen gesehen, man kann sicher noch mehr Zeit in der Metro verbringen, aber für heute bin ich durch.
Kurskaja, Bahnsteig Ringlinie
Kurskaja, Schalterhalle
PS: Jetzt fällt mir auf, dass ich noch mehr hätte fotografieren müssen...
PS²: Zu Ehren dieses Posts geht auch der Blog mal wieder in die Breite, für drei Bilder nebeneinander müssen 100 Pixel mehr her!

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